Beauty is our business
Wie ich Vorträge vorbereite
Am 2. Dezember 2013 habe ich am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam eine eingeladene Vorlesung zum Thema „Pragmatic model checking“ gehalten. Da ich regelmäßig das Seminar „Beauty is our business“ veranstalte, in dem ich Informatikstudenten erzähle, wie man Vorträge vorbereitet und hält, dies aber nie aufgeschrieben habe, möchte ich dies am Beispiel dieser Vorlesung mal festhalten.
- 1. Sammlung
- 2. Einteilung
- 3. Ausarbeiten
- 4. Gliederung
- 5. Folieninhalt
- 6. Foliendesign
- 7. Probevorträge
- 8. Vortrag
- Zusammenfassung
Natürlich ist mein Vorgehen nicht auf jedes Thema oder jede Veranstaltung übertragbar, aber vielleicht hilft es euch ja trotzdem bei deinem nächsten Vortrag. Über Kommentare und deine Meinung würde ich mich sehr freuen!
1. Sammlung
Als erstes muss man sich im Klaren sein, was man überhaupt erzählen möchte. Bei meiner Einladung war das grobe Thema und auch die Zielgruppe klar. Allerdings ist selbst die detaillierteste Einladung noch kein Vortragsmanuskript. Und auch ein Konferenzvortrag zu einem akzeptierten Papier beantwortet auch nicht automatisch die Frage:
Welche Informationen sollen den Zuhörern präsentiert werden?
Das wichtigste hierbei ist nicht zu überlegen, was man sagen will, sondern eher, was man nicht sagen will. Viele Vorträge kranken daran, dass der Vortragende, der ja offenbar Experte in seinem Thema ist, soviel von diesem Expertenwissen wie möglich in seinen Vortrag quetschen will. Und das betrifft nicht nur den Bachelorstudenten, der in der Verteidigung seinem Betreuer zeigen möchte, wie viel er von dem Stoff verstanden hat. Auch gestandene Wissenschaftler sind nach einem langen Papier, in dem sie jahrelange Forschung mit komplizierten Beweisen und ausführlichen Fallstudien beschreiben, versucht, auch all dies in ihrem Vortrag ansprechen zu können, ja zu müssen.
Falsch.
Vorträge sind selten das beste Medium um komplizierte Zusammenhänge zu transportieren. Hier bietet ein Konferenzpapier, ein Artikel auf Wikipedia oder ein Fachbuch oft einen viel besseren Anlaufpunkt. Der Vorteil eine Vortrages gegenüber dem gedruckten Wort ist jedoch, dass man (zumindest anfangs) einem Publikum mit ungeteiltem Interesse gegenüber stehen kann und dessen nächste Minuten gestalten kann. Und dabei ist es oft illusorisch, 16 Seiten Forschung in 20 Minuten1 adäquat wiederzugeben. Stattdessen sollte man bescheidener werden und sich fragen:
Wie viele Informationen kann ich transportieren, sodass meine Zuhörer eine grobe Idee von meinem Thema mitnehmen und neugierig und motiviert genug sind, sich weitere Informationen selbst zu beschaffen?
Du hast einen komplizierten Algorithmus gefunden, der ein bestehendes Problem effizienter löst? Dann führe das Problem ausführlich ein und beschreibe die Kernidee, die deinen Algorithmus besser macht als bestehende. Oder beschreibe, wo das Problem mit dem Status Quo ist. Aber bitte belästige dein Publikum nicht mit ausführbarem Quelltext, Herleitungen zu Komplexitätsabschätzungen und komplizierten Tabellen, in denen mit Schriftgröße 6 lange Zahlenreihen zu Laufzeit und Speicherverbrauch aufgelistet sind.
Im folgenden fragen wir uns also, was neugierig macht bzw. was wirklich berichtenswert ist.
Um das herauszufinden nehme ich ein Blatt Papier, auf das ich nach und nach Stichpunkte aufschreibe, die ich für ansprechenswert halte. Dies ist eine reine Gedankensammlung: ich versuche, die Punkte nicht gleich zu bewerten, sondern schreibe nach und nach Aspekte auf, die im Vortrag behandelt werden sollten. Wenn mir direkt noch Details dazu einfallen, schreib ich sie direkt mit alleine weiteren Assoziationen dazu. Wichtig ist, dass wir hier noch nicht nach einer Reihenfolge suchen. Oft kommt man hier vom Hölzchen aufs Stöckchen: manche Punkte kann ich erst ansprechen, wenn ich verschiedene Grundbegriffe auch eingeführt habe. Aber auch hier kommen wir irgendwann zum Ende. Das kann dann zwar chaotisch sein, aber so sind Gedanken nun einmal.
Natürlich kann man das auch am Rechner machen, aber dort ist oft so viel Ablenkung und außerdem die Versuchung, direkt PowerPoint oder Keynote aufzumachen und dort zu sammeln. Dies funktioniert allerdings nicht: Diese Werkzeuge sind primär dafür da, Folien zu designen, und in der Sammelphase sind wir davon noch weit entfernt. Auch mit Outlinern habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie einen zu sehr das Gefühl geben, bereits eine endgültige Gliederung zu erzeugen. Diese vermeintliche Endgültigkeit und Perfektion hemmt mehr als sie hilft.2 Zuletzt bestehen Vorträge nicht notwendigerweise nur aus Text, sondern können auch Fotos, Schaubilder oder Diagramme enthalten. Diese lassen sich auf Papier viel schneller skizzieren und fernab der Tastatur widersteht man der Versuchung leichter, schon einmal bei Google nach möglichst passenden Bildern in geeigneter Lizenz zu suchen.
2. Einteilung
Wir haben nun also ein Stück Papier voller Stichpunkte vor uns, die uns zu unserem Thema als vortragenswert eingefallen sind. Im folgenden räumen wir diese Liste auf, indem wir an die Zeit nach dem Vortrag denken und uns fragen:
Welche drei wichtigsten Kernpunkte sollen die Zuhörer aus meinem Vortrag mitnehmen?
Egal, wie lange der Vortrag am Ende ist, er wird mit einer Folie enden, auf der die wichtigsten „Take home points“3 aufgezählt werden. Welche sollen diese für diesen Vortrag sein? Stellt euch vor, jemand hat den Vortrag verpasst und fragt einen Zuhörer, worum es ging. Was soll die Antwort auf diese Frage sein?
Aber warum drei? Dies ist (m)ein Erfahrungswert. Drei Kernpunkte erlauben eine natürliche Einteilung eines Vortrages in drei Teile (oder vier, falls zunächst eine Einführung von Fachbegriffen oder Grundlagen notwendig ist). Außerdem ist es ein Service für die Zuhörer, gleich eine Zusammenfassung des Vortrages, also eine Konzentration in drei verdaubare Happen mitzuliefern. Zu wenig Kernpunkte können den Nachteil haben, dass sich sehr viel Stoff hinter einem Punkt aufstaut und es lange dauert, bis man den Zuhörer das erste mal „erlöst“ und ihm als Zwischenerfolg mitteilen kann, dass schon der erste Meilenstein erreicht ist. Dies hält nicht nur die Motivation oben, sondern eine solche offensichtliche Gliederung zwischen „erledigt“ und „zu tun“ erlaubt weiterhin zeitweise unaufmerksamen Zuhörern den leichten Wiedereinstieg in den Vortrag. Aber natürlich kannst du jede andere Zahl nehmen…
Also nehmen wir uns nun ein zweites Blatt, teilen es in Drittel auf und überschreiben es mit je einem Kernpunkt. Dann gucken wir auf unseren Stichpunktzettel an und übertragen jeden Punkt nach und nach in den passenden Kernpunkt. Falls uns zwischendurch auffällt, dass ein Punkt nicht passt, dann fliegt er halt raus. Falls uns noch weitere Punkte einfallen, sortieren wir sie gleich in das richtige Drittel ein. Die Reihenfolge der Punkte innerhalb der Drittel ist noch total unwichtig.
(Aber wäre es nicht viel einfacher, wenn wir das alles digital machen würden, schließlich machen wir hier doch nichts weiter als Copy-und-Paste? Nein! Finger weg von der Tastatur! Wir können auf Papier viel leichter Anmerkungen oder Pfeile einfügen oder Skizzen einfügen. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, nach und nach Punkte aus der ersten Liste durchzustreichen und irgendwann fertig zu sein.)
Im besten Fall haben wir nun drei in etwa gleich große Teile. Falls nicht, haben wir ein Problem: Wenn die Teile sehr unterschiedlich mit Inhalten belegt sind, dann wird später der Rhythmus im Vortrag fehlen. Das kannst du natürlich riskieren, aber ich würde dir eher empfehlen, es noch einmal mit anderen Kernpunkten zu versuchen oder evtl. sogar zurück in die Sammelphase zu gehen.
3. Ausarbeiten
Als nächstes werden wir die einzelnen Stichpunkte in verdaubare Mengen ausarbeiten. Doch was ist eine verdaubare Menge? Das variiert, jedoch hat meine Erfahrung gezeigt, dass eine kleine Karteikarte oder ein Zettel aus einem quadratischen Zettelblock (ca. 9×9 cm) oft ein sehr guter Richtwert ist. In normaler Handschrift beschrieben bietet dies eine natürliche Obergrenze an Informationen, die man gleichzeitig verdauen kann. Dabei geht es weniger darum, dass man sich nicht auch viel mehr merken kann, sondern darum, wie viel man erfassen kann, während man einem Vortrag folgt.
Karteikarten? Zettel? Sollen das etwa die Folien werden? Ja! Ziel dieser Phase ist es, die zweite Liste abzuarbeiten und in Häppchen aufzuteilen, die auf Folien passen. Und ja, wir machen das auf Papier. Viel Papier. Noch immer sind PowerPoint und Konsorten nicht die richtigen Werkzeuge, weil wir ja gerade erst herausfinden, was wir alles gemeinsam auf Folien packen wollen. Und da ist ein Werkzeug, dass automatisch die Schriftgröße verkleinert, wenn es auf einer Folie „eng“ wird, weniger hilfreich als angenommen.
Also machen wir folgendes: Wir nehmen uns einen leeren Zettel und schreiben eine kurze Überschrift darauf und übertragen dann die Informationen aus der Liste. Das können Stichpunkte, ganze Sätze, Diagramme oder Bilder sein. Wichtig ist, dass man hier weitgehend ausformuliert und nicht einfach nur „Stichpunkt 13“ einträgt. Zum einen wollen wir auch die zweite Liste nach und nach durchstreichen und im folgenden nicht mehr nutzen. Zum anderen entspricht der Platz, der eine kleine Karteikarte oder ein Zettel bietet, in etwa dem, was später auf Folien problemlos unterzubringen und zu erfassen ist: Falls kein Platz für sieben Stichpunkte auf einem Zettel ist, wird es auch später keine gute Idee sein, so viel auf eine Folie zu schreiben.
Manchmal kann es nötig sein, sie auf mehrere Karteikarten aufzuteilen. Falls hingegen auf Karteikarten viel Platz übrig bleibt, solltest du der Versuchung widerstehen, sie mit noch mehr Punkten aufzublähen. Also zunächst lieber zu viel Karteikarten als zu wenig.
Als nächstes nimmst du dir vier farbige Karteikarten (oder du nutzt einen Textmarker, um Farbe ins Spiel zu bringen) und schreibst die Namen der drei Kernpunkte aus Phase 2 darauf. Die vierte ist für die Zusammenfassung. Anschließend legst du sie nebeneinander auf den Tisch und sortierst die anderen Karteikarten unter den jeweiligen Kernpunkt ein. Auch hier ist die Reihenfolge erst einmal unerheblich.
Im besten Fall hast du nun drei mehr oder weniger gleich große Stapel von Karteikarten. Als Orientierung kannst du schon jetzt von ca. zwei Minuten Vortragszeit pro Karteikarte (ohne die farbigen Karteikarten) rechnen. Falls du also 20 Minuten vorträgst, sollten es nicht viel mehr als zehn Karteikarten sein. Natürlich kann man auch schneller vorgehen. Aber das erfahrungsgemäß keine gute Idee, denn zum einen musst du diese Folien auch bauen, hast also mehr Arbeit in der Vorbereitung, und du musst zum anderen auch mehr Folien zeigen, mutest also deinen Zuhörern mehr Folienwechsel zu, nach denen sie sich ständig neu orientieren müssen und die sie in noch kürzerer Zeit erfassen müssen, während du weiter sprichst.
4. Gliederung
Jetzt aber PowerPoint, oder? Nein, immer noch nicht! Als letzten Schritt, bevor wir endlich (?) in die Tasten hauen, müssen wir unsere Karteikarten noch in eine vernünftige Reihenfolge bringen. Für viele Punkte geht dies sehr fix, da die Reihenfolge evtl. schon seit der ersten Phase klar ist. Bei anderen Punkten gibt es nun einmal mehrere Möglichkeiten, die man für sich ausprobieren muss. Man kann ein Beispiel bringen, bevor man weitere Begriffe definiert (dann kann man direkt auf das Beispiel verweisen). Oder aber man führt die Grundbegriffe in Ruhe ein und demonstriert sie anschließend an einem Beispiel. Auch Tooldemos können sowohl als Motivation als auch als Abschluss eingefügt werden.
Auch wenn Keynote beispielsweise mittlerweile eine „Light Table“-Funktion hat, in der man Thumbnails für alle Folien hin und her schieben kann, finde ich die Papiervariante auf dem Schreibtisch ebenfalls sehr charmant. Sie hat weiterhin einen enormen Vorteil: sobald man sich für eine Gliederung entschieden hat, hält man bereits ein fertiges „Manuskript“ in der Hand, mit dem bereits der Vortrag durchgesprochen werden kann. Auch, wenn man vielleicht an dieser Stelle noch nicht so viel Zeit investieren möchte, so sollte man wenigstens die Karteikarten komplett aufnehmen und nach und nach durchblättern und sich in Ruhe auf die aktuelle Karteikarte konzentrieren. Fehlt noch etwas? Muss noch was ergänzt werden?
An dieser Stelle ein Hinweis zu Überschriften. Überschriften haben (genau wie später Foliennummern) die Aufgabe, dem Zuschauer eine Orientierung zu geben. Eine gut gewählte Überschrift setzt die Erwartungshaltung für die nächsten zwei Minuten des Vortrages. Sie ist das erste, was erfasst wird und wir sollten diese Aufmerksamkeit sinnvoll nutzen. Eine Überschrift sollte weder viel zu lang und spezifisch sein (z.B. „Implementierung des Quicksort-Algorithmus mit ANSI-konformen C++“), noch viel zu beliebig (z.B. „Code“) oder gar lustlos (z.B. „Quicksort, Teil 10“). Hilfreich ist, es die Überschriften aufeinander abzustimmen und so Wiedererkennungswert zu schaffen. Wenn du also für mehrere Themen ein Beispiel gibst, dann überschreibt die Folien einheitlich, also „Quicksort (Beispiel)“ und „Bubblesort (Beispiel)“ anstatt unnötig Variationen wie „Quicksort (Beispiel)“ und „Beispiel für Bubblesort“.
Mit einer Klammer lassen sich auch viele Karteikarten gut zusammenhalten und sicher transportieren. Diesen „Foliensatz“ kannst du nun immer mal wieder durchblättern und im Geiste den Vortrag durchgehen. Und erst, wenn du damit zufrieden bist, geht es in die nächste Phase.
5. Folieninhalt
Nun werden wir unsere (sicher inzwischen lieb gewonnenen) Karteikarten in das Präsentationswerkzeug unserer Wahl überführen4. Dabei habe ich bei Keynote den „Outline“-Modus für mich entdeckt, bei dem man nach und nach die Titel der Folien eintragen kann und so schnell einen Platzhalter für alle Folien erstellen kann. Anschließend gehen wir Folie für Folie durch und übertragen den Inhalt. Dabei geht es noch nicht darum, Kunstwerke zu erschaffen, sondern wir wollen zunächst alle Informationen von den Karteikarten übertragen.
Mit diesem Übertragen sollten wir in wenigen Minuten fertig sein, da der Inhalt ja bereits klar ist und wir auch zur Gliederung keine Entscheidung mehr treffen müssen. Falls du es geschafft hast, der Versuchung zu widerstehen, nicht schon viel früher zur Tastatur zu greifen, bin ich stolz auf dich! Die Zeit, in der wir auf Papier geplant und gegliedert haben, zahlt sich nun aus! Ab jetzt werden wir Zeit investieren, Dinge „schön“ zu machen, jedoch müssen wir dazu nicht mehr über die Vortragsgliederung nachdenken und haben das „was“ gut vom „wie“ getrennt.
Diese Trennung hat weiterhin den Vorteil, dass originär kreative Arbeit (Sammeln, Einteilen, Ausarbeiten und Gliedern von Stichpunkten) von eher mechanischer Arbeit (Anordnen von Inhalt auf Folien, Nutzen von Farben, Einfügen von Animationen) getrennt ist. Untersuchungen zur so genannten „decision fatigue“ legen nahe, dass das Treffen von Entscheidungen, was primär in den Phasen 1–4 notwendig ist, anstrengend ist und eher am frühen Arbeitstag passieren sollte. Gegen Feierabend ist man hingegen eher „entscheidungsmüde“ und ist effizienter im sturen Abarbeiten von einfachen Aufgaben – wie z.B. dem Foliendesign. Eine Planung direkt im Folieneditor kann so dazu führen, dass man seine Entscheidungsfreudigkeit an der Auswahl von Schriftarten und -farben austobt, während man später inhaltlich nicht mehr voran kommt und sich (frustriert) am Design ein paar halbfertigen Folien austobt.
Noch ein Vorteil dieser Trennung zwischen Planung und Design von Inhalten ist, dass die Folien nun „aus einem Guss“ kommen und wir Konventionen zu Farben und Formen einheitlich auf alle Folien anwenden können. Ich habe früher Foliendesign und Planung verquickt und dabei ist es mir oft passiert, dass ich wunderschöne Anfangsfolien hatte, jedoch später einfach keine Zeit mehr hatte, dieses hohe Niveau zu halten. Als ich den Vortrag dann hielt, steckte die zur Schau gestellte Lustlosigkeit auf das Publikum an, das später immer weniger Grafiken oder Animationen zu sehen bekam.
Dank der kleinen Abmessungen der Karteikarten werden wir nun feststellen, dass die Folien noch recht leer sind. Das ist aber kein Bug, sondern ein Feature und statt „leer“ sollten wir eher von „übersichtlich“ sprechen. Bevor wir die Folien nun „schick“ machen, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir bereits ein fertiges Manuskript haben, mit dem wir den Vortrag nun auch in digitaler Form üben können.
6. Foliendesign
Nun überarbeiten wir nach und nach unsere Folien.
Hier gibt es sehr viel zu sagen:
-
Wenn wir Fotos verwenden, sollten wir nach großzüger Auflösung suchen – immer mehr Beamer laufen in 1080p, daher sind mehr Pixel immer besser. Vor allem, wenn das Bild dann von einem Beamer auf mehrere Quadratmeter vergrößert wird. Wenn die Fotos nicht von uns sind, müssen wir uns natürlich entsprechend der Lizenz verhalten und evtl. den Urheber nennen. Ich füge dazu eine gesonderte Copyright-Folie an das Ende der Präsentation und verlinke dort auf die Quelle.
Wenn du eine andere Hintergrundfarbe als Weiß nimmst, solltest du versuchen, den Hintergrund von Fotos freizustellen. Dazu bieten die verschiedenen Werkzeuge Optionen an (bei Keynote „instant alpha“ genannt), mit denen ausgewählt werden kann, welche Farbe des Fotos transparent sein soll.
-
Grafiken sollten wir direkt in unserem Präsentationsprogramm erzeugen, da wir so leichter animieren können, leichter auf dieselbe Farbpalette zugreifen können und auch in Zukunft noch leicht Änderungen machen können. Gerade bei Grafiken lohnt es sich enorm, in Ruhe auf Papier zu planen. Das geht immer noch viel schneller als man je mit einer Maus Pixel schubsen kann. Überwinde dabei die Versuchung, Grafiken 1:1 aus dem Konferenzbeitrag zu übernehmen. Grafiken dort sind meist schwarz-weiß und evtl. so klein beschriftet, dass sie auf einer Folien fehl am Platz wirken. Also lieber die Grafik abmalen.
-
Bei den Animationen und Übergängen hat sich zuletzt sehr viel in den Werkzeugen getan. Doch bloß, weil man nun aus Dutzenden Effekten auswählen kann, heißt das noch lange nicht, dass dies notwendigerweise eine gute Idee ist. Oft reicht es völlig aus, Element ein- oder auszublenden, anstatt sie mit einem Kometeffekt einfliegen zu lassen und sie anschließend in Flammen aufgehen zu lassen. Dies wirkt in etwa genauso nervig, wie ein Teenager, der in der vollen S-Bahn durch alle Klingeltöne auf seinem neuen Handy klickt. Animationen sollten letztlich den Vortrag unterstützen und nicht davon ablenken. Außerdem ist es manchmal ist es sinnvoller, komplexe Animationen auf mehrere Kopien der Folie zu verteilen anstatt alles auf einer Folie zu regeln. Denn wenn du die Folien später ausdrucken willst, blickt man schnell nicht mehr durch, wenn man „alles auf einmal“ sieht.
-
Farben sind eine Philosophie für sich. Wenn man an Kontrast, Lesbarkeit und Rot/Grün-Schwächen denkt, bleibt schnell keine Farbe mehr übrig. Generell sollte man versuchen, Farben einheitlich zu verwenden und ihnen so über den Vortrag hinweg eine Semantik zu geben. Oft wird mit Rot Fehler/Gefahr/Nein/Achtung assoziiert, während Grün mit OK/Gut/Ja in Verbindung gesetzt wird. Zuletzt sind viele Beamer erstaunlich schlecht darin, Farben auch nur annähernd so wiederzugeben, wie sie auf Notebookdisplays aussehen. Also lieber dezent mit einer Handvoll Farben umgehen.
-
Als Folienformat empfehle ich 16:9 mit den entsprechenden Auflösungen 1280×720 bzw. 1920×1080 Pixel. Immer mehr Leinwände, aber auch Displays, wie sie öfters in Konferenzräumen anzutreffen sind, sind natürlich im Breitformat, und vertikale Balken lassen heute eher die Folien alt wirken, während horizontale Balken den Beamer oder den Fernseher antik wirken lassen. Außerdem lassen sich die Folien so besser an Notebookmonitoren oder Smartphones anzeigen, und auch Dienste wie Slideshare oder YouTube unterstützen breite Formate und erleichtern so die Veröffentlichung der Folien.
-
Die Titelfolie wird oft mit Werbeaufstellern verwechselt, die im Hintergrund von Interviews nach Fußballspielen stehen. Sie ist nicht der Ort, alle Logos von Projekt, Lehrstuhl, Institut, Fakultät, Universität, Bundesland und Staat unterzubringen. Der Titel des Vortrages, der Name (ohne akademischen Grad!) des Vortragenden, die Namen eventueller Koautoren mit den jeweiligen Firmen/Universitäten reicht aus.
-
Oft wird von der Universität ein Corporate Design vorgegeben. Meist sind diese Vorlagen (so sie denn jenseits von Hochglanzbroschüren existieren) grottenschlecht und völlig weltfremd. Ich empfehle daher (falls man nicht gezwungen wird), diese Vorlagen einfach zu ignorieren und nur das Logo auf der Titelfolie zu nutzen.
-
Foliennummern gehören auf jede Folie bis auf die Titelfolie. Sie erlauben Zuhörern, sich Notizen zu machen und später konkret auf eine Folie zu verweisen. Ohne Foliennummern ist man dann auf die Titel angewiesen, die (auch wenn sie kurz und knackig formuliert sind) langsamer abgeschrieben werden können als eine Zahl.
Ein kurzer Hinweis: Viele Leute wissen nicht, dass man im Präsentationsmodus durch Eingabe von Zahlen (z.B. „1“, „2“, Enter) direkt zu einer Folie (hier Folie 12) springen kann, ohne länglich viele Folien zu überspringen. Dieser „Trick“ funktioniert in PowerPoint und Keynote und ist für solche konkreten Fragen mit Foliennummer eine praktische Abkürzung quer durch den Vortrag.
-
Auch wenn es sich noch immer nicht bis zu jedem herumgesprochen hat: Es gibt weit mehr Schriftarten als Times New Roman oder Arial. Ich empfehle für Vorträge serifenfreie Schriftarten. In der Vergangenheit waren Scala Sans, Corbel und Aller meine Favoriten. Momentan habe ich mich in Avenir verguckt, die ich auch hier in meinem Blog nutze. Eine gute Schrift hat mehrere Schriftschnitte wie z.B. „normal“, „demi-bold“, „bold“ und „italic“. Der sehr fetten Schriftschnitt eignet sich dabei gut, wenn man hellere Farben für Text nutzen möchte. Diese eine Schrift sollte dann im gesamten Vortrag genutzt werden und Variationen über Schriftschnitt und Farben gebracht werden. Die einzige Ausnahme dabei ist Quelltext, den man mit einer Festbreitenschrift wie Menlo oder Consolas (nicht Courier!) setzen sollte.
-
Als Schriftgröße habe ich zuletzt ca. 60 Punkte für „normalen“ Text und 100 Punkte für Überschriften genutzt. Das klingt riesig, bedeutet aber Lesbarkeit und verhindert, dass du zu viel auf eine Folie packst.
-
Effekte wie Schatten oder Reflektionen waren vor 2-3 Jahren schon nicht mehr ganz frisch.
-
Zur Gliederung gibt es unterschiedliche Meinungen: Manche Vortragsschulen bestehen darauf, dass auf Folie 2 (also direkt nach der Titelfolie) eine ausführliche Gliederung gezeigt wird, die dann vollständig erklärt wird. Das Problem dabei ist, dass diese Vorträge oft nicht anhand von ein paar Kernpunkte gegliedert sind, sondern ihre Struktur einem Konferenzpapier entnommen ist und aus viel mehr Punkten besteht. Dummerweise eignet sich die Struktur eines Konferenzpapieres für ein Vortrag nicht. Entweder ist sie komplett nach Schema F aufgebaut (Motivation, Grundlagen, Verfahren, Experiment, Literaturdiskussion, Zusammenfassung) und damit absolut nichtssagend. Dies auf eine Folie zu schreiben und dann im Vortrag vorzustellen wäre eine reine Zeitverschwendung. Oder es ist eine sehr spezifische Gliederung (Motivation, theoretische Grundlagen des Modelcheckings, Bekämpfung der Zustandsexplosion durch Reduktionstechniken, Implementierung der Reduktionstechniken, …) die einer langen Erklärung bedarf. Dies ist gerade zu Beginn des Vortrages schwierig, weil dazu dann viele Fachbegriffe entweder vorausgesetzt oder langwierig eingeführt werden müssen.
Ich empfehle folgende Varianten:
Eine Möglichkeit ist, ohne Gliederugnsfolie in den Vortrag einzusteigen und evtl. zunächst mit notwendigen Grundlagen anzufangen. Das Publikum ist dabei noch durch eine Ansage bei der Titelfolie motiviert und ist gleich direkt im Geschehen. Sobald diese Grundlagen gelegt sind kann dann die Gliederung eingeblendet werden, auf der der 1. Punkt („Grundlagen in Thema xy“) ausgegraut ist. Nun sind alle Begriffe eingeführt und das Publikum kann schnell mit dem restlichen Programm bekannt gemacht werden. Dies würde auch mit sehr spezifischen Gliederungen (siehe oben) funktionieren.
Eine Alternative haben wir, wenn wir unseren Vortrag in drei Themenschwerpunkte gegliedert haben. Die können wir problemlos auf Folie 2 zeigen und dort schon mit „das möchte ich euch heute erzählen“ einführen. Man kann die Punkte dabei bewusst abstrakt lassen. Für das Publikum hat dies den Vorteil, dass sie von vornherein informiert sind, was der Mehrwert dieses Vortrages sein wird. Sie sehen, was sie aus dem Vortrag (hoffentlich) mitnehmen werden. Drei Punkte sind dabei ein verdaubares Maß und wirken weniger erschreckend als eine lange Liste von Punkten, die noch dazu alle völlig unterschiedlich lange dauern. Diese Folie kann man dann vor jedem Themenblock erneut zeigen und das Publikum daran erinnern, was man ursprünglich vorgehabt hat. Zuletzt kann man mit einer abgearbeiteten Agenda in die Diskussionsphase übergehen.
-
Ich bin kein Freund von Vortragsnotizen, sei es durch die Nutzung von Presenter notes direkt im Werkzeug, die Nutzung von Karteikarten (die sind nur zum Training da) oder Spickzettel. Presenter notes kann man sich zwar während des Vortrages unauffällig auf seinem eigenen Bildschirm anzeigen lassen, allerdings wird man während eines Vortrages nicht gleichzeitig sprechen und ablesen können. Als Resultat entsteht eine Pause, in der du auf den Monitor starrst und nicht sprichst. Dies irritiert die Zuschauer. Gleiches gilt beständiges Nachsehen in Karteikarten oder Spickzettel. Was bei Tagesschau-Moderatoren jahrelanges Training ist (Ablesen ohne regelmäßigen Blickkontakt oder Abreißend es Wortflusses), kannst du nicht im Stress eines Vortrages reproduzieren. Das Ergebnis wirkt dann unsouverän und unvorbereitet.
-
Neben dem Einstieg, den wir in der nächsten Phase beschreiben, muss auch das Ende des Vortrages gut vorbereitet werden. Erstellt dazu keine Dankesfolie. Ich beobachte diesen Trend schon seit langem und sehe wenig Sinn darin. Zum einen ist eine solche Folie oft wie ein plötzliches „The End“ in einem Film. Gerade noch hört man dem Sprecher zu und ein Moment später bedankt er sich mit einer Folie. Wofür? Offenbar für meine Aufmerksamkeit. Also klatsche ich artig und bin irritiert. Gerade stand da noch eine Zusammenfassung und jetzt nur noch „Danke für die Aufmerksamkeit!“?
Stattdessen empfehle ich, als letzte Folie die „Take Home Points“, also die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte, zu nutzen und den Vortrag dann mit einem Fazit zu beenden: „Ich habe ihnen also heute vorgestellt, wie Modelchecker funktionieren, wie man sie in Software umsetzt und wie man sie pragmatisch einsetzt. Gerne beantworte ich nun Ihre Fragen!“ Dies ruft zu einer Diskussion auf und macht dadurch klar, dass der Monolog nun vorbei ist und du in einen Dialog mit deinen Zuhörern treten möchtest. Während dieser Fragerunde mit Diskussion kannst du diese Folie noch eine Weile zeigen und dann evtl. als allerletzte gezeigte Folie auf die Titelfolie schalten, auf der noch einmal dein Name zu sehen ist.
-
Als letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, dass Folien den Vortrag lediglich unterstützen und nicht als Script herhalten sollen. Es wird zu deinem Thema viel ausführlichere Literatur geben, sodass deine Folien nie die Referenz sein werden. Mach dich von diesem Druck frei, alle Informationen zu dem Thema zu sammeln und sie auch für anschließendes Nachlesen perfekt aufbereiten zu müssen. Vermeide es, lange ausformulierte Sätze zu schreiben. Die kann dein Publikum eh schneller lesen als du sie vortragen kannst. Fasse dich stattdessen lieber kurz und schreib solche Informationen auf die Folie, die helfen, deinen Worten besser folgen zu können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die (oft gescheute) Notwendigkeit, Dinge zu vereinfachen. Hat dein Algorithmus ein Standardfall und 10 komplizierte Ausnahmen? Dann bring nur den Standardfall und erwähne die Ausnahmefälle mit einem Hinweis auf die Referenz. Denk an das 80-20-Prinzip und verschwende nicht 80% deiner Zeit um 20% eines Problems zu erklären. Trau dich, diesen kleinen Betrug zu begehen. Die Zeit ist oft zu kurz, um subtile Details herüberzubringen und es ist keine gute Idee, das Publikum dazu zu zwingen.5
Puh, diese Liste ist länger als geplant… Meinen fertigen Foliensatz kannst du hier herunterladen (9 MB, Apple Keynote Format). Außerdem gibt es noch ein PDF (20 MB).
7. Probevorträge
Achtung: Dieser Punkt ist anstrengend, aber notwendig. Ich spreche davon, dass du deinen Vortrag mindestens zweimal vollständig proben solltet. In Echtzeit. Du hast nun fertige Folien, und die Gliederung steht, seitdem du aufgehört hast, Karteikarten umzustecken. Du hast die Folien direkt in dieser Reihenfolge erstellt und deine Gliederung gibt dem Vortrag einen guten Rhythmus. Doch wie das „live“ funktioniert, kriegst du nur durch tatsächliches sprechen heraus.
Ein wichtiger Punkt, um Nervosität zu überwinden ist der Einstieg in deinen Vortrag. Der Moment, indem es still wird und alle auf dich und deine Titelfolie schauen und deine ersten Worte erwarten. Diese recht angespannten Situation ist eine wichtige Phase für den Vortrag, denn hier machen sich deine Zuhörer einen ersten Eindruck von dir. Setze diesen Moment nicht aufs Spiel und vertraue auf Spontanität. Stattdessen lege dir deine ersten Sätze zurecht und verinnerliche sie so sehr, dass du sie in jeder Situation ruhig rüberbringen kannst. Bewährt haben sich als Einstieg das Ansprechen der Zielgruppe („Wir alle wissen, wie verbreitet BPMN in der Wirtschaft ist…“), Beziehung zu anderen Vorträgen herstellen („Nachdem Mike uns eben viel von Großrechnern erzählt hat, will ich den Fokus auf Mobiltelefone legen…“), Interaktion („Hand hoch: Wer von Ihnen hat in den letzten 12 Monaten ein Fax verschickt?“), Provokation („Ich werde Ihnen heute zeigen, warum alle bestehenden Verifikationsalgorithmen langsamer als nötig sind!“) oder auch ein Witz. Die Auswahl hängt natürlich stark von Thema, den Zuhörern und der Stand in der Gemeinschaft ab.
Den ersten Probevortrag solltet du ohne Unterbrechung durchziehen. Wenn du Fehler in Folien siehst, tu so, als währst du im Vortrag und „korrigiere“ sie, indem du den Fehler ansprichst. Das schult Spontanität und vermeidet, dass du immer wieder bei Folie 1 anfängst und dann direkt bei Folie 3 aussteigt, weil du dort ein Rechtschreibfehler findest. Wenn du so vorgehen würdest, wirst du in das Problem laufen, dass du sehr gut anfängst, aber nach hinten raus immer unsicherer wirst, weil du diese Folien kaum geprobt hast. Also zieh den Vortrag bis zum Ende durch!
Auf diese Weise „spürst“ du jeden Fehler, aber findest dabei auch subtile Kleinigkeiten, die du durch einfaches Durchklicken nicht gefunden hättet. Beliebte Fehlerquellen sind dabei falsche Animationen, Farben oder Rechtschreibung. Du musst dir diese Fehler nicht während des Probevortrages notieren: Du wirst dich garantiert daran erinnern; du kannst sie anschließend reparieren.
Im besten Fall übst du direkt mit den Presenter-Tools, damit du eine Uhr und die nächste Folie sehen kannst. Zu Hause nutze ich meinen Fernseher via AirPlay als Präsentationsbildschirm, in der Uni leihe ich mir einen Beamer aus. Achte schon beim Probevortrag, was du mit deinen Händen machst und wie gut du mit einem Presenter oder Laserpointer zurecht kommst.
(Ein Hinweis zu Laserpointern: Die wenigsten Redner setzen Laserpointer sinnvoll ein. Oft werden sie verwendet um in viel zu voll gepackten Folien für Orientierung zu sorgen. Hier lieber die Folien entschlacken oder durch Animationen für Aufmerksamkeit auf ein Detail sorgen. Außerdem verleiten Laserpointer dazu, dem Publikum den Rücken zuzukehren, was nie eine gute Idee ist. Zuletzt sind viele Redner während eines Vortrages nervös, sodass ein Laserpointer eine eventuell zittrige Hand erst recht für alle Zuschauer sichtbar machen.)
Den Vortrag solltest du im Stehen halten. Sprich so, wie du es während des Vortrages tun würdest, also in der Regel laut und deutlich. Ob du ein Glas Wasser brauchst, wirst du auch dabei feststellen. Natürlich kommt man sich etwas albern vor, wenn man alleine in einem Raum seiner Stehlampe einen Vortrag hält. Doch es gibt kein besseres Mittel zu überprüfen, wie gut der Vortrag funktioniert. Und falls er nicht funktioniert, hast du noch die Möglichkeit, ihn zu reparieren. Viele Redner scheuen diese Arbeit und glauben, dass schon alles gut werden wird. Wird es nicht! Fehler werden für Irritationen und Unsicherheit sorgen. Wenn dann noch irgendwann die Zeit abgelaufen ist, kommt noch Fahrigkeit und Hektik hinzu. Das alles hätte man vermeiden können, also nutze die Chance!
Wenn du fertig bist, wirst du ein ein gutes Gefühl haben, wo du stehst. Korrigiere nun die gefundenen Fehler und mach dann was völlig anderes. Lass den Vortrag im Kopf reifen. Und wenn du genug Abstand gefunden hast, dann mach einen zweiten Probevortrag. Der läuft in der Regel dann schon viel runder. Du kennst dich besser in den Folien aus und hast nun bessere Überleitungen gefunden. Vielleicht kannst du dir nun einige „Ähs“ sparen und weißt außerdem, wo du mit dem Tempo hoch oder runtergehen musst.
8. Vortrag
Du hast es fast geschafft! Du hast tolle Folien mit einer guten Gliederung und dank der Probevorträge weißt du, dass der Vortrag gut funktioniert. Jetzt gilt es, abzuliefern.
Sei pünktlich vor Ort und erkundige dich, was an Technik vorgesehen ist. Gibt es ein Mikrofon? Muss der Rechner gesondert verkabelt werden, z.B. um das Videosignal abzugreifen? Denk an dein Netzteil und an alle Adapter, die du brauchst. Schließ deinen Rechner an und starte die Präsentation, sodass die Titelfolie zu sehen ist. So sieht das Publikum, wer und was auf sie zukommt. Denkt daran, das Handy auszumachen.
Falls du vorgestellt wirst, achte auf die Worte, damit du nicht direkt danach erneut sagst, wie du heißt und wo du herkommst. Und danke dem Vorsteller!
Dann lieferst du ab. So, wie du schon zweimal zuvor in der Probe abgeliefert hast. Ruhig, souverän und im Zeitplan.
Mach dir vorher Gedanken, wie du mit Fragen umgehen willst. Wenn du Zwischenfragen zulassen möchtest, sag dies frühzeitig (z.B. nach Vorstellen deiner Gliederung) an. Falls nicht, vertröste etwaige Fragen auf die anschließende Diskussion. Dies ist deine Entscheidung und lass dich dadurch nicht aus dem Konzept bringen.
Zusammenfassung
-
Vorträge vorzubereiten ist weit mehr als ein Foliensatz zusammenzuklicken. Die meiste Arbeit passiert bevor die erste und nachdem die letzte Folie erstellt wurde, nämlich in der Planungsphase und bei den Probevorträgen.
-
Ich empfehle, bis zur Gliederung auf Papier zu arbeiten um so den Fokus zu behalten. Erst, wenn klar ist was in welcher Reihenfolge gesagt werden soll, sollten Folien gebaut werden.
-
Zum Foliendesign gibt es tausend Meinungen und hier steht die tausendunderste. Was ich hier geschrieben habe, ist meine Meinung, und ich bin da kein Fundamentalist. Über Kommentare mit anderen Meinungen würde ich mich freuen!
-
Die besten Folien funktionieren nicht, wenn der Vortrag selbst nicht rund ist. Und auch wenn es weh tut, da kommt man nur durch Probevorträge hin. Die wenigsten Redner schaffen es, spontan zu ihren Folien etwas sinnvolles zu erzählen, dabei nicht zu vergessen und noch dazu den Zeitplan einzuhalten. Lass es nicht darauf ankommen!
Viel Erfolg!
-
Diese Werte entsprechen den Erfahrungswerten von üblichen Informatikkonferenzen (16 Seiten im LNCS-Format, 30 Minuten pro Beitrag, in der Regel in 20 Minuten Vortrag und 10 Minuten Diskussion aufgeteilt). ↩
-
Gleiches gilt übrigens auch für Texteditoren, bei denen eine zu schick aussehende Schrift schon unterschwellig suggeriert, jedes getippte Wort hat bereits das Recht, bis in die Endversion übernommen zu werden. Ich tippe diesen Text im iA Writer mit Festbreitenschrift und ohne eingeblendete Rechtschreibprüfung. ↩
-
Ich entschuldige mich für sämtlichen Anglizismen oder Abschweifungen ins Denglisch. Die meisten meiner (vorbereiteten) Vorträge sind nunmal auf englisch, und auch die Literatur dazu ist englisch. Daher fehlen manchmal leider die (deutschen) Worte für manches. ↩
-
Ich nutze derzeit Apple Keynote, habe aber zuvor Jahrelang Microsoft PowerPoint (unter Windows und OS X) genutzt. Ich kann keinen klaren Gewinner ausmachen und glaube, dass – gut bedient – beide Werkzeuge gleich gute Ergebnisse liefern können. Letztlich ist es essenziell, dass du mit dem Werkzeug zurecht kommst, und das ist oft nur mit Übung möglich. Denk dabei bitte nicht nur an das Erstellen von Folien (das nur euch betrifft), sondern auch an die Präsentation. Selten wirst du vor mehr Publikum eine Software bedienen. Übe dies! Nur gute Vorbereitung bringt dich in die Lage, nach einer Fehlbedienung schnell wieder in den Redefluss zu kommen und nicht in noch größere Nervosität zu verfallen. ↩
-
Ausnahmen sind natürlich lange Vorlesungsreihen, in denen Sätze, Beweise oder Algorithmen im Detail durchgesprochen werden. Hier ist dann aber eben jenes Thema ein zentraler Kernpunkt einer 90-minütigen Vorlesung, sodass viel mehr Zeit bleibt, diese Details herzuleiten. ↩